Im November 2016 haben wir eine E-Mail-Umfrage an 3.721 Steuerberater mit der offenen Frage »Was ist die aktuell größte Herausforderung in Ihrem Kanzleialltag?« gerichtet.

305 Kolleginnen und Kollegen (= 8,2 %) haben daran teilgenommen.

Die Antworten von 300 Teilnehmenden waren auswertbar und da einige mehrere Punkte angegeben haben, konnten wir 444 Antworten identifizieren. Diese 444 Antworten konnten 12 Clustern zugeordnet werden.

4 Hauptthemen stehen im Vordergrund:

25,9 % der Antworten kreisen um das Thema »Überlastung«, knapp dahinter 23,4% um das Thema »gesetzliche Anforderungen«. Die folgenden beiden bedeutendsten Herausforderungen für den Kanzleialltag sind »Mitarbeitermarketing und -management« mit 16,4 %, dicht gefolgt von »Digitalisierung/neue Prozesse« mit 15,3 %.

ClusterAnzahl%
Überlastung 11525,9
Gesetzliche Anforderungen10423,4
Mitarbeiter-Akquise und -Entwicklung7316,4
Digitalisierung und neue Prozesse6815,3
Erfolgreich sein194,3
Kanzlei-Marketing163,6
Qualität und Haftung153,4
Informationsflut153,4
Weitere Punkte194,3
Summe444100

Fast 26 % der Angaben fallen somit in den Bereich, dass die Anforderungen für unseren Berufsstand stetig steigen, laufend die Fragestellungen komplexer werden, daher die Kanzleiorganisation unter Druck gerät und hierdurch eine permanente Überlastung der Mitarbeiter, aber auch insbesondere der Chefs entsteht, sodass das Zeitmanagement und die Life-Balance zu einem großen Problem werden.

Zu ca. 23 % wird darüber hinaus über die Gesetzesflut geklagt, die Bürokratie schwillt an und der Umgang mit Behörden wird stressiger. Interessant ist, dass diesen Aspekt kleinere Kanzleien als größere Herausforderung sehen als größere, was dadurch zu erklären ist, dass größere Kanzleien mehr Ressourcen mit Spezialisierungen vorhalten können und entsprechenden Back-Office-Support bieten können. 17 % der größeren Kanzleien (über 15 Mitarbeiter) gaben hierzu Antworten, hingegen 26 % bei den kleineren Kanzleien mit weniger als 15 Mitarbeitern.

Mitarbeiter zu finden, zu halten und geeignet zu entwickeln ist dann die drittgrößte Herausforderung mit rund 16 %. Wobei hier umgekehrt gilt, dass dies größere Betriebe (mit 19 %) als noch größere Herausforderung betrachten. Männliche Kollegen sehen dieses Thema stärker als Herausforderungen (ebenso mit 19 %), wohingegen Kolleginnen dies nur zu 13 % angemerkt haben. Die Hauptherausforderung „Überlastung“ hat hingegen mit 28 % der Nennungen bei den Frauen und 24 % der Nennungen bei den Männern eine leichte Übergewichtung bei den Frauen. Bei den anderen Herausforderungen gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Nennungen von Kolleginnen und Kollegen.

Die aktuellen Themen der Prozessoptimierung inklusive Umbruch im Bereich Digitalisierung, Automatisierung und erhöhter IT-Anforderung (inkl. Sicherheit und Datenschutz) folgen hier unmittelbar mit rund 15 %. Größere Kanzleien (> 15 Mitarbeiter) sehen dies mit 20 % ungleich höher als Herausforderung als die kleineren Kanzleien mit 13 %.

Etwas abgeschlagen, aber doch beachtenswert, da im Grunde alles bedeutend ist, was aktiv genannt wurde, sind die folgenden Themen zwischen 3 und 5 %: Und zwar Themen zur Honorardurchsetzung, Kanzleimarketing, Wachstumssteuerung, Qualitätssicherung, Bewältigung der E-Mail und Informationsflut. Dann folgen Themen wie Vernetzung, Nachfolge und Klientenkommunikation.

Hinter den oben dargestellten Clustern, die gebildet wurden, stecken die folgenden Inhalte:

  • Überlastung. Mit den Unterpunkten, dass Anforderungen und Aufgabenfülle stets steigen, unsere Fragestellungen laufend komplexer werden, die Überlastung zunimmt, unsere Kanzlei-Organisation belastungstechnisch an die Grenzen stößt und wir unser Zeitmanagement inklusive unserer Life Balance nicht in den Griff bekommen.
  • Gesetzliche Anforderungen. Mit den Unterpunkten, dass die Gesetzesflut zunimmt, hierbei die Anforderungen steigen, die Gesetze korrekt zu erfüllen, wobei gleichzeitig das Behörden-Verhalten herausfordernder wird und in der Wahrnehmung die Gangart verschärft wird (z.B. mittels überlastenden Ergänzungsaufträgen, Schwerpunktprüfungen, härter wahrgenommenen Prüfungen, mehr Zeitaufwand für die Erfüllung, schlechteren Beziehungen zur Behörde, rascheres Strafen, etc.) und die Bürokratie überbordend wird.
  • Mitarbeiter-Akquise und -Entwicklung. Mit den Unterpunkten, dass ausreichend und die geeigneten Mitarbeiter gefunden werden, diese gehalten werden können und sich diese auch entsprechend entwickeln lassen.
  • Digitalisierung und neue Prozesse. Mit den Unterpunkten, dass sich auf Basis der Digitalisierung und zunehmender Automatisierung die Prozesse verändern, hierbei sich auch die Anforderungen an die Mitarbeiter verändern und die Anforderungen an die IT (inkl. Sicherheit) samt den damit verbundenen Kosten verändern. Das Prozess- und Dokumentenmanagement ist aktuell stark im Wandel.
  • Erfolgreich sein. Mit den Unterpunkten, dass durch die Steigerung der Anforderungen einerseits ein Kostendruck entsteht. Honorare sind andererseits unter Druck und die Verrechnungen bestimmter Leistungen sind teilweise gegenüber früher schwerer durchsetzbar. Generell wird es schwieriger, ausreichend Gewinn zu erwirtschaften und erfolgreich zu sein.
  • Kanzlei-Marketing. Mit den Unterpunkten, ausreichend und die richtigen Klienten zu finden. Eine Herausforderung stellt auch dar, das Wachstum der Kanzlei richtig zu steuern. Auch die Konkurrenzsituation im Berufsstand sowie in konkurrierenden Berufsgruppen (wie gewerbliche Buchhalter, etc.) stellt sich verschärft dar. Die Klienten sind schwieriger zufrieden zu stellen und es stellt sich die Frage, wie man dem Strukturwandel (z.B. mittels Spezialisierung, Zielgruppenmanagement und bewusster Klientenstrukturgestaltung) begegnet.
  • Qualität und Haftung. Mit den Unterpunkten, dass die Qualität ob der Prozessänderungen schwieriger zu erreichen ist. Geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen (von Organisationshilfsmitteln bis Checklisten) sind einzurichten. Den Haftungsthematiken ist geeignet zu begegnen.
  • Informationsflut. Mit den Unterpunkten, dass die Mailflut immer größer wird, generell Informationen in allen Richtungen stets mehr werden und dies immer schwieriger wird, zu bewältigen und abzuarbeiten und hierbei nichts zu übersehen. Dieser Punkte könnte auch zum ersten Punkt (Überlastung) zusätzlich hinzugefügt werden.

Weitere Punkte sind:

  • Klientenumgang: Klientenumgang mit der richtigen verständlichen Kommunikation
  • Vernetzung: Mit dem richtigen Lösen von Kanzlei-Nachfolgen, dem Aufbau von Partnerschaften und Netzwerken, der Erzeugung von Leistungssicherheit und entsprechenden Vertretungsmöglichkeiten.
  • Vorlagen und Arbeitsunterlagen.

Autor: Harald Schützinger